Warum haben die beiden Gemeindevertreter in der GSS, Toni von Grünigen (Saanen) und Albin Buchs (St. Stephan) eigentlich in «ihrer eigenen» Organisation, der BROSSA, die Notbremse gezogen und das GSS-Projekt von dort aus vorläufig gestoppt? Als (auch) Verwaltungsräte der GSS hätten sie dies doch auch GSS-intern regeln können und damit zumindest den Anschein aufrecht erhalten, die GSS habe das Heft des Handelns noch in der Hand? Offenbar nicht.
So diktierte GSS-Verwaltungsratspräsident Stephan Hill dem Berner Oberländer ins Mikrofon, dass «die GSS» bei der Entscheidung der BROSSA nicht involviert war und er die Empfehlung, die Abstimmungen zu verschieben, «nicht nachvollziehen» kann. Ernste Differenzen oder wieder einmal «nur» ein Kommunikationsproblem?
Probleme der GSS liegen nicht nur bei der Kommunikation. Sondern auch im Inhalt
Dass die GSS während der jahrelangen Verhandlungen mit dem Kanton und der Spital STS AG ein weitgehendes Stillschweigen vereinbart hatte, war sicher unvermeidlich. Doch das ändert nichts daran, dass die notwendige Kommunikation, vor allem mit dem zukünftigen Personal, den Partnerorganisationen und den Hausärzten, nachgeholt werden muss. Etwas, was sich die GSS, wohl in einem festen Glauben daran, dass ihr erarbeitetes Konzept von allen Seiten laut bejubelt werden würde, weitgehend sparen wollte. Ein fataler Irrtum.
Denn wer mit einem «Fix-und-fertig»-Konzept bei den Fachleuten aufschlägt, der muss sich absolut sicher sein, nichts übersehen zu haben. Doch das hat die GSS nicht. Und so ist ihre Idee, den Mitarbeitern im Spital und im Alterswohnen eine «Sprechstunde» anzubieten, in der die GSS Fragen beantworten will, nach hinten losgegangen. Zeigt sie doch das Selbstverständnis der GSS: «Wir wissen alles und ihr nichts! Ihr habt Fragen, wir die Antworten.» Tja, wenn die GSS denn wirklich Antworten hätte…
Noch immer ist die GSS offenbar nicht ernsthaft am Input von Ärzten, Pflegekräften, Labor- oder Röntgenfachkräften interessiert, ebenso wenig wie am Input der Leitungskräfte des Alterswohnens. Sondern glaubt, diesen Leuten aus der Perspektive des Besprechungszimmers erklären zu können, wie an der Basis zukünftig richtig und effizient gearbeitet wird. Schliesslich ist das Konzept ja bereits fertig und die Abstimmungen in den Gemeinden sollten durchgepeitscht werden. Da wäre es hinderlich, wenn nun fachlich gut begründete Einwände kämen.
Saaner Hausärzte befürchten Pleite der GSS in kurzer Zeit
Im Anzeiger von Saanen kritisieren die Saanenländer Hausärzte Claudia Hauswirth und Gerhard Amiet in einem aussergewöhnlich langen Interview die GSS scharf. In fast jedem Satz hagelt es Kritik am Vorgehen und dem Konzept der GSS: «Wir waren in den Prozess nicht involviert und wurden auch nicht informiert», kommt von Hauswirth. Und Amiet bringt auf den Punkt, was auch viele Beschäftigte im Alterswohnen und Spital denken: «Ich habe aber Bedenken, ob das Spital mit den heutigen Strukturen in fünf Jahren noch da wäre, wenn wir die Vorlage angenommen hätten. Der Budgetplan lässt einige Fragen offen.»
Heisst im Klartext: Trotz aller guten Absichten besteht die Befürchtung, dass die GSS das Spital innerhalb kurzer Zeit in die Pleite und damit in die Schliessung führt. Man traut es der jetzigen GSS mit Stephan Hill und seinen Kollegen nach dem Debakel um die Abstimmungsvorlage einfach nicht zu.
Wäre es nicht das Gesundheitswesen, sondern ein Fussballverein, bräuchte man nicht lange darüber nachdenken, wie es mit dem Cheftrainer und seinen engsten Mitarbeitern weitergehen würde.
Ist im Spätsommer dann alles besser?
Eine Verschiebung der Abstimmungen auf den Spätsommer wird das Problem der GSS nicht lösen: Zu wenig inhaltliche Substanz, unrealistisch-überoptimistische Pläne, eine beängstigend unterkapitalisierte Aktiengesellschaft, schlechte Verhandlungsergebnisse mit der Spital STS AG und wenig Verständnis von der praktischen Arbeit der Betriebe, die die GSS am 1. Januar 2024 bereits übernehmen möchte.
Dazu kommt eine breite Ablehnung der Idee, die Alterswohnen STS AG zu zerschlagen und die Zweisimmner Immobilien dieser Gesellschaft als Risikokapital in die GSS zu verschieben. Geht die GSS in Konkurs, läge auch die Zukunft des Alterswohnens in den Händen der Gläubigerbanken.
Wenn man das wirklich lösen wollte, bräuchte man einen komplett neuen Plan, einschliesslich Nachverhandlungen mit der Spital STS AG. Das wird mit dem bisherigen Verwaltungsratspräsidenten Stephan Hill und seinem assistierenden Leiter der (gar nicht vorhandenen) Geschäftsstelle Alexander Gäumann aber wohl nicht möglich sein.
Wie geht es also weiter? Nun, da gibt es jetzt zwei Varianten: Eine Variante ist, dass es die GSS mit demselben Plan, ergänzt mit einigen kleineren, kosmetischen Korrekturen, im Spätsommer noch einmal bei den Gemeinden probieren wird. Das wäre dann das Ende des Projekts.
Die andere Variante würde bedeuten, dass die Eigentümer-Gemeinden nicht mehr länger die Augen fest vor der Realität verschliessen und ihre Verantwortung und Aufsichtspflicht wahrnehmen. Und die GSS personell radikal neu aufstellen – in der Hoffnung, in einem Jahr dann über einen wirklich abstimmungsreifen und mehrheitsfähigen Plan zu verfügen. Und in der Hoffnung, dass es dann noch genug Personal gibt, um den Spitalbetrieb überhaupt aufrecht erhalten zu können.
Und die Schlagzeilen der nächsten Woche? Die werden wohl nichts mit dem Gesundheitswesen und der GSS zu tun haben.
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