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Bahnhoffest und Gedenkveranstaltungen ZEDER

(abg) Der neue Bahnhof in Boltigen stand in der vergangenen Woche im Mittelpunkt des medialen Interesses im Simmental, während im Saanenland das Bauprojekt zum neuen Speichersee auf dem Hornberg thematisiert wurde und es die Gstaader Veranstaltung zu den «Zeichen der Erinnerung» (ZEDER) auf die Titelseite schaffte. Kontroverse Highlights blieben damit aus – eine Woche «business as usual» schon eher. Und dennoch: es gab manches, was doch bemerkenswert war. 

Mit dem Bahnhoffest in Boltigen wurde nicht nur der neue Bahnhof gebührend gefeiert, sondern mit der Zugtaufe durch Franjo von Allmen konnte auch gleich noch das Boltiger Wappen auf einen der neuen MIKA-Züge der BLS platziert werden. Und ein grosses Dorffest war es auch gleich noch. Grosse Party und gute Stimmung.

Alles gut? Naja, im Bahnhof Boltigen gibt es nun zwei (gefühlt) kilometerlange Perrons, die ebenerdiges Ein- und Aussteigen ermöglichen und auch die gesamte Umgebung ist in jeder Hinsicht behindertengerecht. Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass die kleinen Bahnhöfe, wie zum Beispiel Weissenbach, von den BLS-Zügen gar nicht mehr bedient werden und die Buszubringer auch nur zu den Hauptzeiten fahren und nicht selten der Umweg über Zweisimmen in Kauf genommen werden muss.

Speichersee schon bewilligt?

Man könnte es fast glauben: «Baubewilligung für den neuen Speichersee eingereicht». Das suggeriert, dass eine Baubewilligung bereits vorhanden ist – und nun irgendwie «eingereicht» wurde. Was natürlich nicht zutrifft.

Doch so unkritisch übernahmen der Anzeiger von Saanen und Radio BEO die Pressemeldung der Bergbahnen Destination Gstaad (BDG). Tatsächlich gibt es natürlich noch gar keine Baubewilligung – und wenn es sie denn gäbe, bräuchte sie die BDG auch nicht mehr einreichen. Richtig ist: Das Baugesuch wurde eingereicht – ob es in ferner Zukunft mal eine Bewilligung gibt, ist jetzt Sache der Behörden. Einsprachen sind noch möglich.

Verdingkinder im Mittelpunkt: ZEDER

Im Kanton Bern haben die Gedenkanlässe «Zeichen der Erinnerung» (ZEDER) begonnen. So auch in Gstaad. Erinnert wird dabei an die behördlich verfügte Entrechtung von Kindern, die in der Folge dann fremdplatziert und nicht selten ausgebeutet, misshandelt, missbraucht und vernachlässigt wurden. Ein System, das in der Schweiz noch bis 1980 praktiziert wurde.

Was auffällt: Der Fokus wird vor allem auf die betroffenen Kinder gelenkt. Auf ihr Leid und – ironischerweise – wie aus ihnen dann ja doch noch «etwas geworden» ist. Da freuen sich die Zuhörer dann und können sich einreden, dass das ja so schlimm offenbar doch für die Betroffenen nicht war.

Ein Zerrbild offensichtlich, denn diejenigen, die an den Erlebnissen in jener Zeit zerbrochen sind, stehen heute natürlich nicht auf irgendwelchen Bühnen und vermitteln dem Publikum das Gefühl, dass ja letztlich doch alles gut ausgegangen ist.

Und es stellt sich natürlich auch die Frage, wie eine so freiheitsliebende Gesellschaft es so lange Zeit zulassen konnte, dass Kinder vor aller Augen wie Sklaven gehalten wurden. Die Frage nach den Tätern, die das System staatlicher Versklavung für ihren persönlichen Vorteil skrupellos ausgenutzt haben. Nichts gesehen? Nichts gehört? Nichts gesagt? So viel Erinnerung ist dann vielleicht doch nicht erwünscht.


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