(abg) Am 25. August stehen die Abstimmungen über die Pläne der Gesundheit Simme Saane AG (GSS) in den Gemeinden an. Im zweiten Anlauf, denn eigentlich sollte über die Pläne und die Mitfinanzierung der Gemeinden bereits im Frühjahr in den ordentlichen Gemeindeversammlungen abgestimmt werden. Doch das wurde abgeblasen, weil die GSS eine Vielzahl von Rückfragen nicht beantworten konnte. Was sich nun zeigt: Die Gemeinden des Obersimmentals und des Saanenlandes haben selbst keine detaillierten Informationen von der GSS erhalten. Und das, obwohl die GSS AG vollständig im Aktienbesitz der Gemeinden steht.
Man kennt das eigentlich: In jedem Sportverein kommt einmal jährlich die Jahresrechnung zu den Mitgliedern und wenn es um grössere Entscheidungen geht, dann wird vorher ausführlich informiert. Was im Kleinen selbstverständlich ist, ist bei der Gesundheitsversorgung der Region und den dabei in Rede stehenden Millionenbeträgen aber wohl undenkbar.
Wo sind eigentlich die Jahresrechnungen der GSS AG? Und wo ist der Businessplan in voller Länge? Recherchen ergaben: Die Gemeinderäte haben diese Unterlagen nicht erhalten und diese Unterlagen sind auch in den Dossiers der Gemeinden nicht archiviert. Klingt unglaublich?
Ist aber so: Bei der Gemeinde Saanen wollte ich diese Unterlagen einsehen. Was natürlich verweigert wurde. Erst mit einer Entscheidung des Regierungsstatthalters kam Bewegung in die Angelegenheit. Denn dort hiess es:
um folgende Akten:
– Einladungsschreiben zu Aktionärsversammlungen der GSS AG
– Protokolle der Aktionärsversammlungen der GSS AG
– Jahresberichte/Jahresabschlüsse der GSS AG zu den Geschäftsjahren 2019, 2020, 2021 und 2022
…
– Eine Kopie der Leistungsverträge, die der Kanton Bern/GSI mit der GSS AG abgeschlossen hatEntscheidung des Regierungsstatthalters vom 12. Mai 2023
Ausserdem wurde im Nachgang noch der Businessplan der GSS zur Einsicht angefordert.
Die Antwort(en) liessen nicht lange auf sich warten und die Gemeinde Saanen teilte mit, dass keine dieser Unterlagen in den Dossiers der Gemeinde vorhanden seien.
Nochmal ganz deutlich auch der Businessplan der GSS, der sich zu keinem Zeitpunkt jemals bei der Gemeinde befunden habe:
Nun könnte man meinen, dass die Uhren in Saanen ja generell etwas anders gehen als im Rest der Welt und dass es in anderen Gemeinden vielleicht anders aussehen würde. Doch weit gefehlt. Eine Anfrage bei der Gemeinde St. Stephan wurde von Gemeindeverwalter Beat Zahler beantwortet, der sich gegen die «Unterstellung» entschieden wehrte, irgendetwas Genaueres über die GSS zu wissen:
Man brüstet sich dort geradezu damit, ahnungslos zu sein.
Gemeinderäte lassen sich auf der Nase herumtanzen
Auch von anderen Gemeinden, mit denen ich eher informell Kontakt hatte, kamen ähnliche Aussagen: «Wir wissen auch nichts Genaues.»
Man kann den Stimmbürgern letztlich nur raten, sich von ihren gewählten Gemeinderäten nicht so billig abspeisen zu lassen. Und vor allem, die Äusserungen und Abstimmungsempfehlungen der Gemeinderäte kritisch zu hinterfragen. Denn wer selbst keine Ahnung von den Details hat, der kann auch keine sinnvollen Ratschläge geben.
Es sind letztlich die Gemeinden, die die GSS AG gegründet haben und die sämtliche Aktien an der GSS halten. Und es sind die amtierenden Gemeindepräsidenten bzw. Gemeinderatspräsidenten, die die Interessen ihrer jeweiligen Gemeinden auf den Generalversammlungen vertreten und seit Jahren, zuletzt am 29. Juni 2023, das Handeln des Verwaltungsrates des GSS AG unter ihrem Präsidenten Stephan Hill abgesegnet haben. Jede Gemeinde für sich, jeder entsendete Vertreter mit einer persönlichen Verantwortung. Dass die entsprechenden Personen sich jetzt hinter Entscheidungen des Vereins Bergregion Obersimmental-Saanenland verstecken, lässt indes wenig Hoffnung aufkommen, dass es auch nur ein gewählter Vertreter wagen würde, seiner Verantwortung noch gerecht zu werden.
Die zitierten Dokumente sind unter diesem Link alle abruf- und nachlesbar.
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