(abg) Die Gesundheit Simme Saane AG (GSS) wirbt für die am 25. August stattfindenden Abstimmungen in den Gemeinden für Zustimmung. Doch es scheint, als ob die GSS mit ihren Plänen und Köpfen allein nicht zum Ziel kommt und die Überzeugungskraft in der Sache fehlt. Da trifft es sich gut, dass die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI) unter Regierungsrat Pierre Alain Schnegg herbeieilt und Schützenhilfe leistet: Sollten die Stimmbürger am 25. August nicht Ja zur GSS sagen, wolle man die Versorgungsnotwendigkeit des Spitals Zweisimmen auf den Prüfstand stellen. Im Klartext: Die Versorgungsnotwendigkeit aufheben. Schnegg schürt damit bewusst Ängste und zeigt, dass ihn die Gesundheitsversorgung der Menschen an Simme und Saane überhaupt nicht interessiert.
An gleich zwei Stellen weist die GSS in den aktuellen Informationen auf den Standpunkt des Kantons hin: Zunächst bei der Frage, «Was ist die Haltung der kantonalen Gesundheitsdirektion?»:
Eine klare Ansage von Pierre Alain Schnegg: Stimmt die Bevölkerung den GSS-Plänen nicht zu, dann wird es ein Spital Zweisimmen nicht mehr geben. Basta!
Um das zu erreichen, wird die «Versorgungsnotwendigkeit» infrage gestellt:
Auf Anfrage, wie es mit der Versorgungsnotwendigkeit aussieht, falls die Stimmbürger Ja sagen zur GSS und den Millionenbeiträgen der Gemeinden, äusserte sich Mediensprecher Gundekar Giebel dann auch noch mal ganz unmissverständlich:
Die Sache mit der Versorgungsnotwendigkeit
Ganz so einfach ist es freilich nicht, denn das Spital Zweisimmen wurde vom Kanton, in einer recht undurchsichtig-klausulierten Form, als «versorgungsnotwendig» festgelegt. Oder, allgemeinverständlich formuliert: Es ist für eine angemessene Gesundheitsversorgung eines relevanten Teils der Kantonsbevölkerung notwenig. Und das hat gar nichts zu tun mit der Frage, ob ein solches Spital Verluste erwirtschaftet. Und auch nicht damit, wer diese Verluste letztendlich trägt.
Die Entstehung und heutige Ausgestaltung der Versorgungsnotwendigkeit erfordert allerdings einen kleinen Exkurs in die Vergangenheit: Das Spital Zweisimmen wurde nach Presseberichten in der Regierungsratssitzung vom 19. Juni 2013 als «versorgungsnotwendig» eingestuft. Ein entsprechender formaler Beschluss des Regierungsrates findet sich auf der Website des Kantons zwar nicht, aber offenbar ist an diesem Tag der entsprechende Bericht zur Versorgungsnotwendigkeit im Regierungsrat behandelt worden, Im Anschluss folgten Presseberichte in allen relevanten Medien. Doch das ist heute ohnehin nicht mehr im Detail relevant.
Jedenfalls sind die Regelungen zur Versorgungsnotwendigkeit zum 1. Dezember 2015 in Art. 11d der Spitalversorgungsverordnung verankert worden (vgl. Beschluss des Regierungsrates zur Änderung der Spitalversorgungsverordnung vom 16.9.2015) und auf dieser Grundlage ist das Spital Zweisimmen als „versorgungsnotwendig“ anzusehen.
Damit ist es dem jeweiligen Betreiber des Spitals, also derzeit der Spital STS AG, nicht möglich, das Spital aus rein wirtschaftlichen Gründen zu schliessen. Der Weiterbetrieb ist Pflicht.
Die Versorgungsnotwendigkeit ist über die Spitalversorgungsverordnung auch grundsätzlich unbefristet festgelegt – sie muss nicht durch Beschlüsse des Regierungsrates oder der GSI verlängert werden und die Versorgungsnotwendigkeit läuft auch nicht nach einer gewissen Zeit automatisch aus. Vielmehr müsste der Regierungsrat bei Änderungsabsichten selbst aktiv werden und den Art. 11d der Spitalversorgungsverordnung ändern.
Schnegg knüpft «Versorgungsnotwendigkeit» nicht an Bedarf in der Region, sondern an Geld und Macht
Offenbar ist Regierungsrat Pierre Alain Schnegg nun gewillt, genau das zu tun: Die Spitalversorgungsverordnung zu ändern, sodass das Spital Zweisimmen nicht mehr unter die dortige Definition fällt und damit den Status als «versorgungsnotwendig“ verliert. Anders lassen sich die oben zitiereten Äusserungen von Pierre Alain Schnegg gar nicht interpretieren.
Verbindet man die beiden oben dargestellten Aussagen von Schnegg, ist auch klar, warum das erfolgen soll: Nämlich aus rein finanziellen Gründen. Der tatsächliche Bedarf an Gesundheitsversorgung in der Region spielt in Schneggs Erwägungen überhaupt keine Rolle: Übernimmt die GSS das Spital, bleibt die Versorgungsnotwendigkeit erhalten. Bleibt dasselbe Spital mit demselben Auftrag zur Grundversorgung bei der Spital STS AG, will Regierungsrat Pierre Alain Schnegg die Versorgungsnotwendigkeit entfallen lassen.
Ergebnis: Der Regierungsrat missbraucht die Drohung mit dem Fortfall der Versorgungsnotwendigkeit, um die Bevölkerung zu einer ihm genehmen Übernahme des Spitals Zweisimmen durch die GSS AG zu zwingen. Kosten und Verantwortung der kantonalen Aufgabe der Gesundheitsversorgung werden so den Gemeinden zugeschoben. Wenn das Experiment schiefgeht, wird Schnegg mit falschem Lächeln erklären, die Region habe es selbst so gewollt und es selbst vermasselt.
Es bleibt zu hoffen, dass die Stimmbürger am kommenden Dienstag, wenn Pierre Alain Schnegg in der Simmental Arena persönlich erscheint, deutlich machen, dass er mit solchen Drohungen keine Sympathien sammeln wird.
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Sehr geehrter Herr Regierungsrat
Herzlich willkommen am nächsten Dienstagabend in Zweisimmen.
Ein in der Simmentalzeitung erschienener Leserbrief, zeigt klar auf, dass die bald im 5. Lehrjahr stehende GSS AG durch das ständige Torpedieren der STS das Spital in den Abgrund führen wird.
Dabei wäre es so einfach: Sie könnten die STS in väterlicher Manier dazu bringen, das Spital Zweisimmen wie die erfolgreiche fmi in Frutigen zu führen.
So hätten Millionen von Franken und viel Ärger erspart werden können. Es gäbe keine Verlierer, sondern nur Gewinner. Prestigegewinn für alle Beteiligten. Sicherere Wirtschaftslage für alle Täler und deren Steuerzahler.
Sie haben es in der Hand, ein Wunder zu vollbringen.