(abg) Das „Patt“ in Lauenen wird jetzt juristisch überprüft: Nach Auskunft des Regierungstatthalteramtes sind die Urnenabstimmungen vom 19. November 2023, das geplante Gesundheitsnetzwerk Simme Saane betreffend, aufgrund von Abstimmungsbeschwerden noch nicht rechtskräftig geworden. Zwei Beschwerden greifen ausdrücklich das „Patt“ in Lauenen an, welches letztlich zum Scheitern der Vorlage führte, die in den Gemeinden Boltigen, Zweisimmen, St. Stephan, Lenk, Saanen und Lauenen zur Abstimmung kam.
Mit einer Stimmengleichheit von 147 zu 147 Stimmen wurde bei der Urnenabstimmung vom 19. November 2023 eine Mehrheit für das Projekt der Gesundheit Simme Saane AG (GSS) in der Gemeinde Lauenen denkbar knapp verfehlt, während sich in allen anderen Gemeinden eine deutliche Mehrheit der Stimmberechtigten für das Projekt aussprach.
Wie das Regierungsstatthalteramt auf Nachfrage nunmehr mitteilte, ist gegen das Abstimmungsergebnis in Lauenen mindestens zweimal Abstimmungsbeschwerde erhoben worden. Damit kann das Ergebnis bis zu einer abschliessenden Beurteilung, unter Umständen also bis zu einer bundesgerichtlichen Entscheidung, nicht in Rechtskraft erwachsen.
Beschwerde aus Lauenen erfordert intensive Prüfung – doch wozu?
Bei der Beschwerde eines Stimmberechtigten aus der Gemeinde Lauenen ist demnach eine intensive Prüfung der vorgebrachten Argumente erforderlich. Denn falls die Beschwerde tatsächlich noch vor Fristablauf aufgegeben wurde, wäre zumindest aus formalen Gründen keine schnelle, abweisende Erledigung möglich.
Welchen Sinn die Beschwerde dann in der Praxis haben soll, bleibt aber wohl das Geheimnis des Beschwerdeführers: Denn selbst im Erfolgsfall würde die Abstimmung in Lauenen wohl kaum als Annahme des Geschäfts gewertet werden können. Vielmehr müsste die Abstimmung wiederholt werden.
Dies dürfte aber – schon wegen Zeitablaufs – überhaupt keine vernünftige Option mehr sein: Denn wenn im Sommer 2024 mit einer Entscheidung gerechnet werden könnte, hat sich die Sachlage in Hinblick auf die GSS und die Pläne des Kantons und der Spital STS AG voraussichtlich massiv gegenüber der Lage vom 19. November 2023 verändert.
Ob Kanton und Spital STS dann noch bereit sein werden, die früher zugesagten Mittel zu gewähren, ist fraglich, ebenso ist der in der Abstimmungsvorlage genannte Betriebsstart zum 1. Januar 2025 dann überhaupt nicht mehr möglich. Und auch der Businessplan der GSS müsste für eine erneute Abstimmung in Lauenen wohl auf einen aktuellen Stand gebracht werden – dann aber wären auch in allen anderen Gemeinden nochmals neue Abstimmungen erforderlich, denn nach den von der GSS selbst aufgestellten Regeln müssten alle Gemeinden über den sachlich gleichen Antrag entscheiden – und alle Ja sagen.
Ergebnis: Selbst wenn sich der Beschwerdeführer in der kürzest möglichen Zeit durchsetzen würde, wäre der GSS-Zug längst abgefahren. Da helfen auch juristische Mittel nicht mehr weiter.
Fragliche Erfolgsaussichten der zweiten Abstimmungsbeschwerde
Ob die andere erhobene Beschwerde indes erfolgreich sein könnte, erscheint insgesamt fraglich. Denn der zweite Beschwerdeführer ist nach Auskunft des Regierungstatthalteramtes nicht in der Gemeinde Lauenen stimmberechtigt gewesen.
Bereits im Vorfeld der Gemeindeversammlungen vom 25. August 2023, bei dem schon einmal über das GSS-Projekt abgestimmt wurde und dies an einer knappen Ablehnung in der Gemeinde Gsteig scheiterte, kam es nämlich zu einer Abstimmungsbeschwerde, die letztlich abgewiesen wurde. Der Grund: Berechtigt, eine Abstimmungsbeschwerde zu erheben ist nur, wer in der Gemeinde, dessen Entscheidung angegriffen wird, auch selbst stimmberechtigt ist.
Damit dürfte Beschwerden von Personen, die nicht in Lauenen stimmberechtigt sind, von vornherein chancenlos sein.
Allerdings: Bis zur abschliessenden juristischen Entscheidung ist das Abstimmungsergebnis in Lauenen nicht rechtskräftig. Die Beschwerdefrist von 30 Tagen ist inzwischen abgelaufen, weitere Beschwerden wären daher wohl verfristet.
St. Stäphner Einwohner forderte Maulkorb für Alterswohnen- und Spitalmitarbeiter
Ein Blick in das frühere Beschwerde- bzw. Verwaltungsgerichtsverfahren ist aber auch sonst noch lohnend.
Denn: Der damalige Beschwerdeführer, stimmberechtigt in St. Stephan, wollte noch vor dem Abstimmungstermin am 25. August 2023 den Mitarbeitern der Alterswohnen STS AG und der Spital STS AG öffentliche Äusserungen im Zusammenhang mit den Abstimmungen untersagen lassen. Zensur mit der juristischen Keule, abweichende Meinungen sollten so unterdrückt werden.
Da die Beschwerde vor der Durchführung der Gemeindeversammlungen nicht mehr entschieden werden konnte, richtete er sein Begehren in der Folge gegen das ablehnende Abstimmungsergebnis in der Gemeinde Gsteig:
Diese Abstimmungsbeschwerde wurde sowohl vom Regierungsstatthalteramt als auch nachfolgend vom Verwaltungsgericht Bern abgewiesen.
Der Regierungstatthalter ging zumindest noch kurz auf den Wunsch nach Meinungszensur ein und zwar insbesondere zur Kritik des Beschwerdeführers, dass sich hochrangige Vertreter der Alteswohnen STS AG öffentlich ablehnend zum GSS-Vorschlag geäussert haben:
Das Verwaltungericht machte in seiner Entscheidung sogar ganz kurzen Prozess mit dem Ansinnen:
Der Beschwerdeführer aus St. Stephan könnte das Verfahren noch an das Bundesgericht weiterziehen. Ob er es wohl probiert?
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