(abg) Anläufe gab es schon mehrere – funktioniert hat es bislang nicht: Eine hausärztliche Grundversorgung im Alten Spital Saanen. Nun aber kommt Bewegung aus einer ganz neuen Richtung ins Spiel: Die Gemeinde Saanen hat zusammen mit der Gstaad International Healthcare AG die SarinaMed AG gegründet. Und die soll nun voraussichtlich ab dem 1. März 2024 wieder eine Hausarztpraxis im Alten Spital betreiben.
«Die Gesellschaft bezweckt den Aufbau und Betrieb eines medizinischen Versorgungszentrums für die Gemeinde Saanen und Umgebung», heisst es in den Statuten der am 21. Dezember 2023 gegründeten Gesellschaft. Und es werden auch bereits Ärzte und MPAs gesucht.
Gemeinde und Luxusklinik-Planer spannen zusammen
Wenn man sich anschaut, wer hinter der SarinaMed AG steht, gibt es ein paar Überraschungen:
Mehrheitsaktionärin ist die Gemeinde Saanen, die 2000 von insgesamt 3500 Aktien hält und sich am Stammkapital mit 200’000 Franken beteiligt. Minderheitsaktionären mit 1500 Aktien (entsprechend 150’000 Stammkapitaleinlage) ist die Gstaad International Healthcare AG (GIHAG). Also die Gesellschaft, die eigentlich «nur» die Luxusklinik in Gstaad plant und aufbauen möchte und gerade ihren CEO Ralph Kray verloren hat.
Nicht beteiligt am ganzen Konstrukt ist hingegen die Gesundheit Simme Saane AG (GSS). Die wollte nach ihren mehrfach geäusserten Plänen ja auch als Praxisbetreiber auftreten, wenn ein entsprechender Bedarf bestehen sollte. Offenbar wollte die Gemeinde Saanen als Tonangeber des Projekts aber hier nicht auf die GSS setzen.
Verwaltungsrat mit Fragezeichen
Auch der Verwaltungsrat der neuen SarinaMed AG wirft Fragen auf: Verwaltungsratspräsident wird der Dominik Unger, der auch zukünftig als CEO der GIHAG amten soll. Ein Banker und Vermögensverwalter, nur leider ohne erkennbaren Bezug zum Gesundheitswesen.
Diesem zur Seite gestellt sind Daniel Matti (Schönried), dem man wohl eine gewisse Nähe zu Immobiliengeschäften nachsagen darf und Fabia Sina Solenthaler (Saanen). Letztere eine Assistenzärztin, die noch keine Berufsausübungsbewilligung in der Schweiz hat und dementsprechend in der neuen Praxis auch nicht in eigener fachlicher Verantwortung praktizieren dürfte. Jedenfalls noch nicht.
In Anbetracht der Tatsache, dass erfahrene Betreibergesellschaften wie z.B. Medbase und Medaxo es nicht schaffen, mit einer gewissen Kontinuität die Praxen im Simmental und Saanenland zu betreiben, sind also Zweifel angebracht, ob diese Führungsmannschaft wirklich geeignet ist. Andererseits: Vielleicht braucht es ja auch branchenfremde und innovative Ideen, um vorwärts zu kommen?
Wer macht was? Das ist noch offen.
Mit involviert ist auch der Praxisentwickler Praxamed Center AG. Doch welche Rolle dieser spielen soll, muss vorerst offen bleiben – eine Anfrage bei der Gemeinde Saanen ergab diesbzgl. wenig Konkretes:
Klar ist aber, dass die neue SarinaMed AG wirtschaftlich auf eigenen Füssen stehen soll, denn Gimmel machte deutlich: «Es sind keine Betriebsbeiträge vorgesehen.» In der Tat auch nicht durch die Hintertür, jedenfalls wenn man davon ausgeht, dass der notwendige Mietvertrag zu marktüblichen Konditionen abgeschlossen wird: «Die SarinaMed AG wird Räumlichkeiten im Alten Spital mieten. Verträge sind derzeit noch nicht abgeschlossen.»
Alter Wein in neuen Schläuchen? Nicht ganz…
Muss man nun also davon ausgehen, dass die Tätigkeit der SarinaMed auch nicht lang andauern wird – so wie vor einigen Jahren der Betrieb der LocalMed?
Dass dürfte doch eher unwahrscheinlich sein: Mit dem beachtlichen Engagement der Gemeinde Saanen wäre ein Scheitern der Praxis gleichbedeutend mit einem Scheitern der politischen Akteure. Bei diesem Projekt steht also mehr auf dem Spiel als ein paar Franken mehr oder weniger bei der Rentabilität. Auch wenn zum heutigen Zeitpunkt keine laufenden Gemeindebeiträge an die Praxis geplant sind, wird sich die Gemeinde Saanen es doch kaum leisten können, die SarinaMed AG einfach fallen zu lassen.
Und immerhin: Der politische Wille, etwas zu bewegen, sollte nicht unterschätzt werden. Es mag auf dem Weg der SarinaMed AG vielleicht die eine oder andere Hürde zu überwinden sein und vielleicht wird es ja auch noch die eine oder andere Umbesetzung im Verwaltungsrat geben. Trotzdem dürfte es das erfolgversprechendste Gesundheitsprojekt in der Region sein, dass in den letzten 10 Jahren ins Leben gerufen wurde.
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Es ist trotzdem nur alter Wein in neuen Schläuchen..
Die Gemeinde war auch bei Localmed schon sehr engagiert, das Gstaad Medical Center musste letztlich wg Fachkräftemangel schliessen und der Fachkräftemarkt ist inzwischen noch trockener. Die Lebensökologischen Rahmenbedingungen für Hausarztmedizin sind speziell in der Peripherie so unattraktiv geworden, dass da auch kein Skiabonnement mehr helfen kann und mit Unternehmern, Beratern und Politikern kann man keine Praxis betreiben.