(abg) Die Nachricht schlug ein: Bruno Guggisberg tritt nach langjähriger Tätigkeit per sofort von seinem Amt als CEO der Spital STS AG zurück. «Ein Streit mit dem Kanton», wollte TeleBärn als Grund ausgemacht haben – änderte die Überschrift des Textes inzwischen aber wieder. Insider berichten von ganz anderen Gründen: Es soll um Bonus-Zahlungen für Guggisberg gegangen sein.
Natürlich war es ein Schlag ins Gesicht für die Geschäftsleitung der Spital STS AG: Der Regierungsrat will der kantonseigenen Spital STS AG das Spital Zweisimmen wegnehmen und an die private Medaxo übertragen. Und gibt der Medaxo noch 3 Mio. Franken pro Jahr zusätzlich für den Weiterbetrieb, während die Spital STS AG alle Defizite stets selbst tragen musste. Und klar ist damit auch: Die Medaxo wird dafür sorgen, dass lukrative Operationen zukünftig verstärkt in der privaten Thuner Hohmad-Klink durchgeführt werden, statt im öffentlichen Spital Thun.
Aber wäre das für Guggisberg, der bereits angekündigt hatte, zum August 2025 aus der STS auszuscheiden, wirklich ein Grund gewesen, jetzt einfach hinzuschmeissen? Wohl kaum.

Die Berner Zeitung konnte das offenbar auch nicht glauben und fragte nach. Ergebnis:
Es wäre eben auch irgendwie ein lachhafter Grund.
Verlor Guggisberg Machtkampf mit Chefärzten?
Tatsächlich hat sich die Medienstelle der Spital STS AG ausserordentlich viel Mühe gegeben, die Gründe für Guggisbergs Rücktritt nebulös zu halten:
Entscheidend: Die Meldung sagt nicht aus, mit wem Guggisberg eigentlich unterschiedliche Auffassungen hatte. Und auch nicht, über was. Mit Verwaltungsratspräsident Gabriel Schär? Oder dem Kanton unter der GSI-Leitung von Pierre Alain Schnegg? Oder …?
Und so berichten gleich eine ganze Reihe von stets gut informierten Insidern aus dem Spital Thun unabhängig voneinander die gleiche Geschichte: Während Guggisberg den Kaderärzten nicht nur den Inflationsausgleich für 2024 gestrichen hat und dabei noch betonte, dass dies selbstverständlich auch für die Geschäftsleitung und ihn selbst gälte, setzte er demnach wohl auch bei variablen Vergütungsbestandteilen der Chefärzte knallhart den Rotstift an. Auch hier mit dem Hinweis, dass er selbst auch verzichte.
Wie die Quellen aus Thun weiter berichten, soll Bruno Guggisberg nun aber doch dicke Boni bekommen haben. Abgesegnet von VRP Gabriel Schär und mit involviert Geschäftsleitungsmitglied und HR-Verantwortlicher Olivier Furrer. Es kam demnach zur Rebellion der Chefärzte und speziell der ärztliche Cash-Bringer, Knie- und Hüft-Spezialist Rolf Hess soll unverblümt gedroht haben: «Guggisberg oder ich!» So die Erzählungen.
Ein Machtkampf, der demnach in kürzester Zeit entschieden war. Zu Ungunsten von Guggisberg – was man durchaus als überraschend bezeichnen kann. Haben sich die Leistungsträger und Umsatzbringer in den Spitälern doch in den vergangenen Jahrzehnten brav und willig Ökonomen vor die Nase setzen und sich von diesen bevormunden lassen. Offenbar zum Schaden von allen: Explodierende Kosten, Fachkräftemangel, prekäre Arbeitsbedingungen in der Pflege, unterlassene Investitionen, Defizite. Nur in den Chefetagen, da flossen die Boni munter weiter.
Ob diese Geschichte wirklich stimmt? Man muss schauen, ob in Kürze bei der STS noch mehr Köpfe rollen. Und welche Vergütung für Bruno Guggisberg im kommenden Geschäftsbericht der Spital STS AG ausgewiesen wird.
Eine plausible andere Erklärung für Guggisbergs Ausstieg per Schleudersitz liegt bis jetzt jedenfalls nicht auf dem Tisch.
Eins ist aber klar: Wenn die Geschichte stimmt, wäre das auch eine knallharte Ansage an jeden denkbaren Nachfolger von Bruno Guggisberg. Denn der wäre auch nur CEO, solange die Chefärzte des Spitals ihm gnädig gestimmt wären.
Folgen für Zweisimmen: Unklar
Was der Rücktritt nun für das Spital Zweisimmen bedeutet, bleibt derzeit unklar. Mit dem Interims-CEO Adrian Gehri, einem denkbaren Machtkampf zwischen Geschäftsleitung und Chefärzten bei der Spital STS AG und womöglich noch personellen Veränderungen an der Spitze des STS-Verwaltungsrates dürfte die STS aber jedenfalls massiv geschwächt sein. Die Medaxo wird das Spital Zweisimmen daher vermutlich leicht zu ihren eigenen Bedingungen erhalten und die STS wird diese Übernahme auch noch -kantonal angeordnet- mit Geld und Support-Leistungen unterstützen müssen.
Damit verschwindet aus dem Gesundheitswesen der Region nicht nur der Mensch, der für viele geradezu symbolisch für den vermeintlichen Spitalschliessungswillen der STS stand, sondern auch die STS selbst. Medaxo wird übernehmen.
Klar ist aber auch: Für die Medaxo unter ihrem Chef Thomas Mattmann kann es keine Ausreden geben. Scheitern verboten – denn mehr Kantonsgeld und weniger Widerstand als die Medaxo, das hatte in Sachen Spital Zweisimmen noch niemand.
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