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Spital Zweisimmen gerettet? Oder doch nicht?

(abg) Die Nachrichten überschlagen sich: Nachdem der Kanton den Verwaltungsrat der STS im Schnellverfahren ausgetauscht hat, kam heute per Pressemitteilung die Rettungsmeldung: Das Spital Zweisimmen wird von der Spital STS AG weiterbetrieben. Ohne Wenn und Aber. Freudentaumel, Feierstimmung. Oder doch nicht? Nicht ganz: Denn das „ohne Wenn und Aber“ ist natürlich nicht ernst gemeint.

Tatsache ist: Regierungsrat Pierre Alain Schnegg ist angezählt. Die Misswirtschaft am Inselspital fällt genauso auf ihn zurück wie die gescheiterte Finanzierung der Übernahme des Spitals Zweisimmen durch die Medaxo: Zuerst attestierte die kantonale Finanzprüfung Schneggs Plänen eine fehlende rechtliche Grundlage, dann äusserte sich die Finanzkommission des Grossen Rates gleichlautend. Um es deutlich zu sagen: Nach Einschätzung der Experten waren Schneggs Pläne illegal. Niemand wollte es laut aussprechen, aber die Realtität ist: Schneggs Pläne waren vermutlich kriminell. Veruntreuung von Steuergeldern, Vetternwirtschaft, Umgehung des Grossen Rates. Dazu kam der unfreiwillige Abgang von STS-CEO Bruno Guggisberg, der Rauswurf des Verwaltungsrates der Spital STS AG. Und das nur für Zweisimmen. Gleichzeitig brennt im Inselspital die Hütte: das neue IT-System frisst über 100 Millionen Franken und läuft nicht, neue Gebäude in gleicher finanzieller Grössenordnung sind Schrott. Die kantonale Aufsicht, mit anderen Worten SVP-Mann Schnegg, hat über viele Jahre komplett versagt.

Dass Schnegg noch im Amt ist, ist eine Schweizer Spezialität. Wer derart fachlich versagt und Steuergelder zum Fenster hinauswirft, wäre in anderen Ländern längst abgesägt. Nicht hier, nicht im Kanton Bern. Die SVP-Berufsclaqueure Knutti und Speiser unter dem Deckmantel der „SVP Kanton Bern“ stärken Schnegg demonstrativ den Rücken (Simmental Zeitung vom 4. Juli, Seite 14). Auf Kosten der Region.

Doch auch Schnegg muss schauen, dass er die Dinge wieder unter Kontrolle bringt. Beim Inselspital wird er das nicht schaffen – und so muss er halt bei Zweisimmen für Wohlwollen sorgen.

Vorbehaltlos – mit Vorbehalten

Die STS steht uneingeschränkt hinter dem Spital Zweisimmen – so wurde es den Mitarbeitern des Spital STS AG kommuniziert.  Klingt toll, so auch die finale Pressemitteilung:

Die Spital STS AG bekennt sich uneingeschränkt und langfristig zu einem stationären Spitalstandort ZweisimmenThomas Straubhaar, VRP Spital STS AG

„Uneingeschränkt“. Toll. Oder?

Zwei wichtige Voraussetzungen

Grundvoraussetzung für das Gelingen des Vorhabens ist, dass nötiges Fachpersonal zur Verfügung steht. Im Rahmen der Möglichkeiten wird der Standort Thun weiterhin unterstützt. Als zweite Voraussetzung hat der Verwaltungsrat der Spital STS AG eine wirtschaftliche Tragbarkeit des Standortes Zweisimmen unter Berücksichtigung der zu tätigenden Investitionen definiert.Spital STS AG

Das heisst? Die STS steht „uneingeschränkt“ hinter dem Spital Zweisimmen. Allerdings unter zwei Einschränkungen (so viel zum Thema „uneingeschränkt“…): genug Fachpersonal und genug Geld. Genau die beiden Punkte, die schon in der Vergangenheit kritisch waren.

Das ist gerade so, als wenn Sie ein Auto kaufen und der Verkäufer Ihnen 10 Jahre uneingeschränkt Mobilitätsgarantie verspricht. Und dann sagt, dass das nur unter der Einschränkung gilt, dass sie das Auto nie bewegen und ihn die Garantie nichts kostet. Nutzlos. Sinnlos.

Merke: Personal und Finanzierung sind schon seit mindestens 15 Jahren das Kernproblem des Spitals Zweisimmen. Die STS unter Thomas Straubhaar hat offenbar auch keine Idee, wie sie diese Probleme lösen soll – und sagt auch ganz offen, dass es ohne Lösung für das Finanzproblem eben keine „uneingeschränkte“ Unterstützung für das Spital Zweisimmen mehr geben wird. Folglich: Schliessung. Oder welche Alternative gäbe es sonst, wenn das Spital Zweisimmen für die inzwischen auch Verluste schreibende Spital STS AG nicht mehr „tragbar“ wäre? Zündende Ideen für diese Quadratur des Kreises nimmt der Verwaltungsrat der Spital STS AG sicherlich gerne entgegen.

Und nun? Nun können sich unsere Gemeindevertreter euphorisiert wieder bis zum nächsten Frühjahr schlafen legen. Und dann erstaunt feststellen, dass das mit dem Spital doch nichts wird. Völlig überraschend.

Und für die Bevölkerung ist auch gesorgt: In der Pressemitteilung der STS steht für jeden das drin, was er gern hören möchte. Alles andere lässt sich berauscht ausblenden.


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Ein Kommentar

  1. Marianne Herbst-Stauffer Marianne Herbst-Stauffer 17. Juli 2024

    Ja, jetzt freuen sich Einige! Ganz toll gemacht! Alles schlecht reden, bis die STS wieder am Ruder ist und alles zu Boden fährt! Warum haben wir (mein Mann und ich) uns so stark gemacht für das Spital Zweisimmen? Sind wir zu dumm?? Vielleicht! Wir sind ja Niedersimmentaler, überzeugt davon, dass man ein Spital privat organisieren müsste, (siehe Spitalverein.ch, siehe Spital Wetzikon, gerade mit prominenter Vertretung, siehe Hirslanden ZH, (merci, Marco😘) übrigens schon seit mehr als 10 Jahren! Chronisch Kranken, zum Beispiel Diabetiker und Long Covid, wie ME CFS-Erkrankte, Frauen, ältere PatientInnen, die keine Wahl mehr haben, als auf ihr Schicksal zu warten…

    Ich hoffe nur, dass es irgendwann einmal die „Richtigen“ trifft! Bis dahin werde ich mich als unabhängige Patientenberaterin immer für die Schwachen und die ohne Stimme stark machen!

    Einige haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht! Es ist Zeit, abzurechnen!
    Wer hat auch noch eine Rechnung offen?

    Ich bin parat und würde gerne das Rechnungsbüchlein zücken!

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