(abg) Gemunkelt wurde schon seit Ende 2023, doch Anfang Februar wurde es dann offiziell: Die Hohmad/Medaxo-Gruppe möchte das Spital Zweisimmen übernehmen. Was davon wohl zu halten sei, werde ich seitdem regelmässig gefragt. Zeit für eine, aber sicherlich nicht die erhoffte, Antwort.
Um es vorwegzunehmen: Viel lässt sich zu der Initiative der Hohmad/Medaxo eigentlich nicht sagen. Denn was die Gruppe um Chef Thomas Mattmann wirklich vorhat, ist überhaupt nicht bekannt. Irgendein Konzept muss es geben, sonst hätte der Kanton wohl nicht -wieder einmal Wochen später als ursprünglich angekündigt- in der zweiten Märzhälfte mitgeteilt, er wolle das Konzept der Hohmad/Medaxo weiterverfolgen.
Dass ausgerechnet der Blick dann als erster mit Details an die Öffentlichkeit ging, ist bezeichnend für die stets katastrophale Öffentlichkeitsarbeit des Kantons. Schliesslich war schon die erste Meldung im Februar in dieser Sache eine erzwungene Meldung, da sich die mögliche Übernahme des Spitals durch Hohmad/Medaxo bereits beim Spitalpersonal herumgesprochen hatte und die Gerüchteküche brodelte.
Aber nun: was weiss man denn wirklich?
Leistungsabbau mit 3 Millionen vom Kanton?
Klar ist demnach, dass das Spital Zweisimmen mit dem heutigen Grundversorgungsangebot nicht weitergeführt werden wird. Anders kann man die Formulierung in der ersten Pressemitteilung nicht verstehen:
«Gewisse stationäre Leistungen» – also nicht alles, was heute gemacht wird. Sicherlich, vielleicht kommt auch etwas dazu, z.B. über Belegärzte. Mag sein, oder auch nicht – man weiss es nicht.
Der Blick hatte dann aufgedeckt, dass der Kanton der Hohmad/Medaxo 3 Mio Franken im Jahr zzgl. Darlehen und Bürgschaften zur Verfügung stellen will. Das ist deutlich mehr als die 2 Mio., die für das GSS-Projekt (Gesundheit Simme Saane AG) vom Kanton zugesagt waren. Beim GSS-Projekt hiess es vonseiten des Kantons noch, dass die Gemeinden der Region den Rest zahlen müssten – sonst würde das Spital geschlossen werden. Jetzt plötzlich geht es doch. Da werden sich in den Gemeinderäten wohl einige Leute die Frage stellen müssen, warum das im GSS-Projekt nicht möglich war. Haben die Gemeinden sich mit ihrer GSS AG vielleicht doch wie kleine Schulkinder über den Tisch ziehen lassen?
Oder ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Hohmad/Medaxo auch bei den Gemeinden der Region anklopft und die Hand aufhält? Schliesslich waren die Gemeinden ja im Prinzip bereit, auch nochmal 1,5 Mio. Franken pro Jahr für den Spitalbetrieb hinzublättern. Warum sollte die Hohmad/Medaxo diese Zahlungsbereitschaft nicht nutzen?
Und man erinnert sich vielleicht auch noch an das Projekt «Dr. House» von der Spital STS AG: Die Spital STS AG wollte nämlich 2017 in Zweisimmen ein komplett neues Spital bauen und forderte dafür vom Kanton jährlich 3,4 Mio. für die entstehenden Betriebsdefizite. Damals wollte der Kanton keinen Rappen hergeben und liess das Projekt scheitern.
Chancen und Risiken mit Hohmad/Medaxo
«Die Hoffnung stirbt zuletzt» könnte man sagen. Denn irgendeine vernünftige Alternative zur Hohmad/Medaxo ist beim besten Willen nicht in Sicht. Aber kann das private Gesundheitsunternehmen ein Spital Zweisimmen wirklich betreiben? Und will es das auch ernsthaft?
Zweifel sind angebracht:
- Die Hohmad-Klinik in Thun ist eine reine Belegarztklinik ohne Notfall. Es werden nur geplante (und damit: planbare) Behandlungen durchgeführt.
- Gerüchten zufolge fehlt es der Hohmad-Klinik an einer erweiterbaren Infrastruktur, die auf das Spital Zweisimmen übertragen werden könnte. Das Argument, Hohmad/Medaxo sei ja bereits Spitalbetreiber und könnte quasi nahtlos auch ein Spital Zweisimmen integrieren und führen, würde dann also nicht mehr ziehen.
- Am Stammsitz der Hohmad in Thun sind die Kapazitäten bereits heute nicht ausgelastet: «Die Klinik Hohmad sucht Sie als Belegärztin / Belegarzt. Wir bieten freie OP Kapazitäten in folgenden Fachgebieten…» (Archivlink hier). Warum also bindet sich die Gruppe nun ein weiteres Spital ans Bein, das nicht gut läuft? Interessierte Kreise, die vor allem die profitablen Patienten aus dem Simmental und Saanenland in ihre Stammhäuser ausserhalb der Talschaften holen wollten, gab es ja schon immer. Mit einer guten Gesundheitsversorgung in der Region hätte das aber nichts zu tun.
- Dass die Spital STS AG, selbst mit klaren kantonalen Vorgaben, sich mit Händen und Füssen wehren wird, der Konkurrenz Hohmad noch unter die Arme zu greifen, ist absehbar. Offen wird das nicht passieren, sondern aus dem Hinterhalt. Man darf sich bereits fragen, woher wohl der Blick seine Informationen bekommen hat. Und welche Störaktionen noch auf den neuen Betreiber warten.
- Einen konkreten Plan, was die Hohmad/Medaxo künftig in Zweisimmen anbieten will, gibt es nicht – oder der Plan ist so brisant, dass er noch unter Verschluss gehalten wird. Das Spitalpersonal von einer Abwanderung abhalten, wird auf diese Weise aber nicht gehen. Wenn die Hohmad/Medaxo nicht sehr bald etwas sehr Konkretes an die Öffentlichkeit bringt, ist der Zug ohnehin abgefahren.
- Die Hohmad/Medaxo ist ein privates, gewinnorientiertes Unternehmen. Mit Grundversorgung lässt sich aber -politisch so gewollt- kein Gewinn erwirtschaften. Man darf sich also fragen, wo die Gruppe den Rotstift ansetzen will. Klar dürfte sein: Wenn man die Fallzahlen im Vergleich zu den aktuellen Werten nicht drastisch steigern kann, dann müsste vor allem auf der ärztlichen Ebene gespart werden. Und das dürfte dann die beiden (teuren) Chefarztpositionen treffen: wer das Geld, was er kostet, nicht mit ordentlicher Rendite wieder hereinholt, ist einem profit-orientierten Unternehmen untragbar (es sei denn, er sitzt im Management – da gelten andere Regeln). Eine Organisation wie bereits jetzt in der Anästhesie dürfte dann der einzig gangbare Weg sein: Erfahrene Leitende Ärzte im Bereich der Medzin und Chirurgie mit einem primus inter pares als administrativen Leiter. Kein prestigeträchtiges «Chefarzt» mehr auf dem Schild und eben auch keine Chefarztvergütung mehr. Ob das dann aber an Sparmassnahmen ausreicht?
- Der Leistungsnachweis der Hohmad/Medaxo in der Region Simmental/Saanenland ist dürftig: Die Medaxo hat mit den Hausarztpraxen in Lenk (Wallbach-Praxis), Erlenbach und Gstaad gleich drei Praxen in der Region übernommen. Lenk wurde wieder aufgegeben, die anderen beiden funktionieren auch nur mit Hängen und Würgen – es fehlt an personeller Konstanz, speziell im ärztlichen Bereich. Wird die Hohmad/Medaxo es also schaffen, die personellen Lücken in einem Spital Zweisimmen zu schliessen?
Würden Sie also der Hohmad/Medaxo das Spital Zweisimmen überlassen, wenn Sie auch nur entfernt eine vernünftige Alternative hätten? Offensichtlich nicht. Aber eine vernünftige Alternative zur Hohmad/Medaxo gibt es eben auch nicht: «Die Hoffnung stirbt zuletzt».
Was machen eigentlich unsere Gemeindevertreter?
Man hätte es sich denken können: Gar nichts. Von den Gemeinderäten ist schlichtweg nichts zu hören oder zu sehen. Offenbar träumt man in den Gemeinden in Anbetracht der frohen Kunde von der Hohmad/Medaxo schon wieder vor sich hin und sieht die Gesundheitsversorgung in der Region als ein gelöstes Problem an.
Aber davon sind wir weit entfernt und eine starke und einige Regionalvertretung wäre die einzige Möglichkeit, auf die weiteren Entwicklungen noch zugunsten der Einwohner und Gäste an Simme und Saane Einfluss zu nehmen. «Wir warten jetzt erstmal ab, bis…» – ja, bis wann eigentlich? Bis zum St.-Nimmerleinstag vermutlich. Bis zu dem Tag, an dem jemand den Schlüssel an der Spitaltür endgültig dreht und das Spital Geschichte ist?
Offenbar glaubt man dort, dass Medaxo-Chef Thomas Mattmann der Heilsbringer für die Region ist. Jemand, der ein Wunder vollbringen kann. Schauen Sie doch in nächster Zeit mal in den Himmel und vielleicht fragen Sie sich ja dann beim Anblick eines hellen Sterns: «Wo ist der Retter der Gesundheitsversorgung im Simmental und Saanenland? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen.»
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Echt schade, dass sich Mitdrahtzieher des Plan-B nun so vor den Karren spannen lassen! Hätte ich wirklich nicht gedacht!
Es ist für mich als Niedersimmentalerin aber trotzdem schön zu sehen, dass nicht wir die Knüppelwerfer sind!
Was gibt es für Alternativen? Ende März Spital Zweisimmenschliessen?? Ok, dann können wir im Niedersimmental vielleicht bei der Medaxo / Hohmad um Hilfe fragen! Einfach mal machen, könnte ja gut kommen!
Wär das etwa blöd für Einige? Oder was soll dieses „Wundenlecken“? Ich bin froh, dass es einen Plan zur Weiterführung gibt! Medaxo /Hohmad hat innert drei Monaten geschafft, was die GSS AG und due Trägergemeinden nicht mal in 4,5 Jahren geschafft haben! Dazu auch noch ohne bisherige Gelder von Gemeinden oder Kanton!
Sehr sehr schade, ich hätte mehr von Rinderberg News und deren Journalismus erwartet! Da habe ich mich wohl etwas vertan….
Dieser Mist auf dem Rücken der Patienten austragen, das finde ich sehr unschön und ich frage mich, was das Ziel dieser Aktion ist?
Ich gratuliere Thomas Mattmann und Team zum bisher geleisteten und wünsche viel Erfolg bei der Umsetzung!
Beste Grüsse
Marianne Herbst-Stauffer